Diese kleine Auswahl an Reflexionsberichten vermittelt einen Einblick in unsere alltägliche Arbeit.
Wie aus ein paar „Chaoten“ eine tolle Gemeinschaft wurde
Als ich im Sommer im Kinderhaus anfing und eine Gruppe übernahm, staunte ich nicht schlecht über das Verhalten der Zweitklässler. Für das gemeinsame Kennenlernen im Sitzkreis haben wir über eine Stunde gebraucht und das bei gerade einmal sechs Kindern. Jeder sollte Hobbies, Lieblingsessen, Alter und ein paar Dinge über sich erzählen. Die Kids schaukelten sich jedoch immer wieder so hoch, dass es zu keinen ernsthaften Gesprächen kam. Auch Umgang und Sprachgebrauch untereinander waren sehr heftig; von fehlender Disziplin ganz zu schweigen. Mir war schnell klar, dass es erst mal darum ging, Erziehungsarbeit zu leisten. Nach der anstrengenden Kennenlernrunde ging es erst mal in den Sockenraum, wo wir gemeinsam tobten, doch nach kurzer Zeit kam es zu ersten Prügeleien unter den Kids. Später verteilte ich dann die, von der Schule bereitgestellten, Rohkosthappen und sogar hier dachte jeder nur an sich selbst. Sie nahmen sich meist mehr Sachen, als sie überhaupt essen konnten, nur damit der andere auch ja nicht mehr bekommen kann- unglaublich. Nachdem ich die Kinder zur Schule gebracht hatte, war ich ganz schön hinüber.
In den nächsten Stunden beschloss ich, Grenzen zu setzen und Regeln einzuführen. Jedes Kind durfte beispielsweise nur zwei Rohkoststückchen nehmen und musste die Dose danach weiter geben, so dass alle ähnlich viel bekamen. Zu meiner Überraschung funktionierte das echt gut. Später sollte es sogar so gut funktionieren, dass ich den Kindern erlaubte, selber an die Dose zu gehen und sie ohne Aufsicht von sich aus nur zwei Stücke nahmen. Aber jetzt wieder zurück. Es wurden gemeinsam Regeln beschlossen und aufgeschrieben. In erster Linie Dinge, die den Umgang untereinander betrafen.
Auch das Teamwork wurde durch diverse Maßnahmen gefördert. Die Kids mussten Aufgaben erfüllen, die sie nur als Team lösen konnten. Diese Aufgaben wurden meist im Freien gestellt, da sie dort am geringsten abgelenkt wurden. Ich war echt entsetzt, dass die meisten der Kinder vorher so gut wie noch nie im Wald waren. Ein Grund mehr, ihnen das schöne Bergische Land näher zu zeigen. Anfangs waren sie sehr skeptisch; erst recht als ich es wagte, mit ihnen bei Regen raus zu gehen. Aber sie merkten schnell, wie viele tolle Sachen man draußen machen kann. Staudämme wurden errichtet, Buden gebaut und Schnitzeljagden gestartet. Die Kids harmonierten auch untereinander immer besser und schlossen Freundschaften, die auch außerhalb des Kinderhauses bestand haben sollten. Als ich an einem Hang ein Kletterseil befestigte bekamen einige Kinder ein wenig Angst „da soll ich hoch? das schaff ich doch nie“ war nur eine der wenigen Aussagen. Und es war zu Beginn auch sehr schwer. Es flossen Tränen und sie gaben sehr schnell auf- eine anscheinend sehr beliebte Option anstatt zu kämpfen. Ich ließ nicht locker. Wir kletterten nicht nur Hänge hoch, sondern auch Schluchten herunter. Wenn sich ein Kind nicht traute, wurde ihm von den anderen Mut zu gesprochen- richtig gehört, sie machten sich nicht gegenseitig runter, sondern unterstützten sich auf einmal gegenseitig und feuerten sich an. Nach jedem Hang und jeder Schlucht bildeten wir einen Kreis und gratulierten uns zum Erreichten. Ich merkte förmlich, wie eine Gemeinschaft zusammenwuchs und der Mut und das Selbstvertrauen der Kinder wuchs zunehmend. Kein Berg war steil genug, keine Herausforderung zu schwer und gab es doch mal ein Problem, wurde geholfen und angefeuert. Einfach toll! Auch die anfängliche Skepsis bezüglich der Outdooraktivitäten wich der Abenteuerlust. Wir haben wirklich viel unternommen. Piratenfeste, Schatzsuchen und allerhand weitere tolle Sachen miteinander erlebt.
Im Winter kam der erste Schnee und ich war entsetzt, wie manche Eltern ihre Kinder bei der Kälte rausschicken. Handschuhe hatte kaum ein Kind. Als ich mit den Kids Schlitten fahren wollte, durften nur drei Kinder mitfahren. Die Eltern waren doch tatsächlich der Meinung, dass es zu kalt wäre, um Schlitten zu fahren. Man war ich sauer, aber was soll ich machen. Wir hatten aber auch so richtig viel Spaß und ich kann nur immer wieder betonen, wie toll sich die Gruppe entwickelt hat.
Aber das absolute Highlight sollte noch folgen. Wir fuhren mit den Kindern ins Freizeitbad H2O in Remscheid. Übrigens ein klasse Bad- nicht teuer, sehr übersichtlich da fast alles einsehbar ist und viele tolle Sachen wie Rutschen, Wellenbad… aber genug der Werbung. Man muss sich einfach immer wieder bewusst machen, was aus dieser Gruppe geworden ist. Anfangs ohne Disziplin, ohne Benehmen, ohne Zusammenhalt und ich hätte mir nie vorstellen können, einmal so etwas mit den Kindern zu unternehmen. Ich hatte vollstes Vertrauen zu den Kindern und sie haben es uns zurückgegeben. Die Kinder waren uns so dankbar dafür und wollten am liebsten gar nicht mehr nach Hause. Verständlich wenn man bedenkt, dass manches Kind vorher noch nie mit den Eltern in einem Schwimmbad war- echt traurig. Auch hier durften übrigens nicht alle Kinder mit. Ein Kind hatte mal mit zwei Jahren eine Mandelentzündung und durfte deshalb nicht mit; ein triftiger Grund wenn ihr mich fragt…
Das ganze Jahr mit dieser Truppe war einfach klasse und ich habe mich immer wieder aufs Neue gefreut, aber das ist nichts gegen die Freude der Kinder. Wenn man diese Begeisterung der Kinder sieht, wenn sie unseren Kinderhaus Bus von weitem erblickt haben, geht einem förmlich das Herz auf. Sie sind einfach dankbar für das, was wir Woche für Woche mit ihnen gemacht haben und das macht mich einfach glücklich und zeigt mir, dass die ganze Mühe nicht umsonst war.
Wie soll man D. beschreiben. Eigentlich reichen dafür vier Worte: hyperaktiv, aggressiv, ruhelos und DROGENSÜCHTIG.
So werden sie viele Menschen kennenlernen und auch in ihrem Gedächtnis behalten. D. habe ich durch die Mädchenreitgruppe kennengelernt. Sie war von Anfang an dabei als ich anfing eine neue Gruppe mit Mädchen von einer Förderschule Lernen zu leiten. Wenn man D. betrachtet, rein äußerlich könnte man denken, dass sie ein Junge ist. Nur weite Jeans und besonders weite Pullover unser denen ihre eigentlich Figur nicht zu erkenne ist. Wenn man sie genauer anschaut, fällt auf, dass sie eine junge heranwachsende Frau ist, die nicht weiß wie man mit ihrem Körper umgehen soll. Das ist eins von den ersten Dingen, die mir an D. aufgefallen ist. Obwohl sie versucht ihren Körper und ihre Weiblichkeit zu verstecken, auch durch ihre ganze Körperhaltung (sie läuft gerne sehr breitbeinig und versucht sich groß zu machen.) zeigen dies, ist sie doch in der Gruppe die Wortführerin gewesen, wenn es um das Thema „Sex“. Da die Gruppe zu Beginn nur aus Mädchen zwischen 14 und 17 Jahren bestand, war dieses das Lieblingsthema der Gruppe. Häufig hörten wir nur staunend zu wie viel Erfahrungen einige von den Mädchen schon in diesem Bereich besaßen. Doch als es dann um das Thema Verhütung ging, waren wir ebenso geschockt, wie lässig und unwissend sie mit diesem Thema umgingen. Deshalb versuchten wir langsame Aufklärung in diesem Bereich zu betreiben ohne dabei allzu belehrend zu klingen, sondern einfach aus eigener Erfahrung zu sprechen und so den Mädchen dieses Thema auf einer persönlichen Ebene näher zu bringen. Diese Offenheit war es dann wahrscheinlich auch, dass D. und die anderen Mädchen mir die Befürchtung gegenüber äußerten, dass D. schwanger sei. Nach einigen Gesprächen (bei denen es sich nur um das Erkennen einer Schwangerschaft drehte und nicht um irgendwelche Vorwürfe, wie kannst du nur) erklärte ich D. , wo sie einen Schwangerschaftstest kaufen könne, ohne dass jemand anderes es mitbekommen würde. An diesem Punkt, stelle ich rückblickend fest, dass sie da schon vertrauen zu mir gefasst hatte, sie aber noch nicht bereit war sich mir ganz anzuvertrauen. Sonst wäre es für sie kein Problem gewesen, dass ich mit ihr gemeinsam den Test kaufen gehe.
Nachdem dieses Thema abgehackt war und keiner mit erhobenen Zeigefinger noch ein ernstes Gespräch mit ihr führte war für D. deutlich geworden, dass wir nicht wie sie so nett sagte wie die Frau vom Jugendamt sind, die alles 5 Jahre nachträgt. Von da an teilte D. mir ihre Probleme sehr schnell mit.
Ein besonderes Phänomen hierbei war, dass sie wenn wir sie von der Schule abholten immer sehr angespannt und aggressiv war. Dies legte sich innerhalb der folgenden halben Stunde. Nicht nur, dass sie sich als ein sehr hilfsbereites Mädel herausstellte sondern, sie besaß auch die Fähigkeit durch ihre rabiate Art in die Herzen der anderen Mädchen zu „brüllen“.
Da D. in der 10ten Klasse war, war dies auch ihr letztes Schuljahr. Leider hat sie es nicht geschafft einen Hauptschulabschluss zu schaffen, aber es schien trotzdem so, als würde sie einen Ausbildungsplatz als „Maler und Lackiererin“ bekommen. Leider hat der Mensch, sehr schnell erkannt, dass D. ein sehr gutgläubiger Mensch ist. Er vertröstete sie und sogar nachdem ich mit ihr den Ausbildungsvertrag durchgegangen bin und es so schien als würde des doch noch alles klappen, vertröstete er sie immer wieder und letztendlich, hat sie weder einen Job noch einen Ausbildungsplatz bei ihm bekommen.
So dümpelte D. einige Zeit im Leeren umher, doch was bemerkenswert ist, ist , dass sie wöchentlich zur Reitgruppe erschien obwohl sie nicht mehr zur Schule ging. So bekam ich einen Einblick, wie verzweifelt sie war. Sie wollte ja was machen, aber hatte nicht gelernt wie man sich alleine- sich bewirbt und einen Job bekommt. Hier möchte ich eine großes Lob an ihre Lehrerin Frau Liebold aussprechen, die sich auch noch nachdem die Schule vorbei war um D. bemühte. Sie gab ihr Aufgaben, die erledigen musste, wie z.B. Anzeigen herauszusuchen, um sich dort vorzustellen. Ich ging mit D. in die Stadt um dort einen Kalender einzukaufen, damit sie dort festhalten konnte, was sie jeden Tag machte und auch wichtige Termine dort einzutragen. Zu Beginn klappte es noch nicht ganz so gut mit dem System, aber seitdem D. nun wieder in die Schule geht, werden täglich mehr Seiten voll.
Ja sie geht wieder in die Schule. Frau Liebold hat es geschafft ihr einen Platz in einer Förderklasse am Berufskolleg zu organisieren und das mitten im Schuljahr. D. hatte mich gebeten mit ihr in die Schule zu gehen und sie vorzustellen. Hier wurde einmal mehr deutlich wie sehr sie mir vertraute. Kam sie der Lehrerin wie ein scheues Reh vor, dass gar nicht so sicher wusste, ob sie das wirklich wollte, strahlte D. jedes Mal wenn sie mit mir alleine war.
Mein erster Gedanke war natürlich, dass wir es endlich geschafft hatten und De. nun eine Zukunft hatte. Doch nur eine Woche später wurde ich von der Lehrerin angerufen, da ich als Kontaktperson für D. eingetragen wurde, die mir dann mitteilte, dass D. ihr Praktikum schon am zweiten Tag abgebrochen habe. Ich hatte nun die Wahl wirklich sauer auf D. zu sein oder schnell zu handeln. Ich rief im Büro an, nachdem ich mit D. Rücksprache gehalten hatte, dass sie im Kinderhaus das Praktikum zu ende machen könne, und organisierte für den Rest der Woche ein Praktikum dort. Für mich war es nun wichtig D. deutlich zu machen, dass sie nun Praktikantin und keine Schülerin im engeren Sinne mehr war. Ich deutete ihr an, dass sie nun mehr Verantwortung hätte und auch ein Vorbild sei. Auch bat ich die anderen Teamer, dass sie D. darauf hinweisen sollten wenn sie in ihrer Art oder Wortwahl zu „aggressiv“ war.
Am letzten Praktikumstag hatten D. und ich eine heftige Auseinandersetzung. Sie wirkte den ganzen Tag schon unglücklich. Es war das erste mal in anderthalb Jahren, dass ich sie weinen gesehen habe. Erst zum Schluss konnte sie mir den Grund nennen, der sie zu diesem Gefühlsausbruch bewog. Sei war einfach traurig, dass sie ab der folgenden Woche nicht mehr an der Reitgruppe teilnehmen konnte. Erst als ihr bewusst wurde, dass sie auch so ins Kinderhaus kommen konnte und ihr Praktikum erst einmal jeden Mittwoch weiter laufen würde, bis sie eventuell etwas gefunden hatte, wo sie sich wohlfühlte, beruhiget sie sich ein wenig.
Einen letzten Punkt, der mir immer noch Kopfschmerzen bereitet, ist D.‘s ungezwungene Art mit Rassismus umzugehen. Erst nach intensiven Gesprächen und der genauen und bildlichen Darstellung ist D. aufgegangen, was überhaupt Rassismus bedeutet. Dass eine ihrer besten oder eigentlich fast alle Freunde dann nicht mehr ihrer Freunde sein dürften, ließ sie zum ersten mal bewusst werden, wie unwissend sie in diesem Bereich war. Auch ihre Jacke, die in altdeutscher Schrift benäht war, war für sie nur cool aber kein eindeutiges Symbol für Neonazis bis ich ihr die Verbindung erklärte.
Interessant ist, dass es ihr von da an peinlich war die Jacke in der Schule oder in meiner Gegenwart zu tragen. Auch fragte sie noch einige andere Mitarbeiter ob das mit der Schrift stimme und nach dem diese meine Aussage bestätigten, waren wir wieder einen Schritt weiter sie aus diesen Kreisen herauszuholen. D. veränderte sich in letzter Zeit und besonders durch den Aufenthalt im Kinderhaus sehr positiv. Dies wurde am letzten Schultag von den Lehrern und sogar vom Rektor betont. Sie sei viel kommunikativer und ruhiger geworden und halte anstrengende Situationen viel länger aus. Eine Lehrerin meinte: D. entwickelt sich zu einer kleinen Martina. Ich fand diesen Vergleich sehr lustig aber da sie dies vor D. selbst äußerte, konnte ich vor allem sehen, wie D. sich über dieses und alle anderen Komplimente der Lehrer freute.
Mein Wunsch für das Jahr 2012 ist, dass D. eine Ambulante Entziehung zulässt und dass wir es schaffen ihr Leben noch lebenswerter für sie zu machen.
Abschlussreflexionsbericht
Im November 2008 fing ich mein 40-stündiges Praktikum im Kinderhaus Luise-Winnacker an. Ich hospitierte zweimal die Woche in zwei verschiedenen Vormittagsgruppen und ich erinnere mich an meine anfängliche Scheu vor den pubertierenden Jugendlichen. Mit dem rauen Umgangston und dem teilweise grenzüberschreitenden Verhalten war ich einfach nicht vertraut. Die erste Zeit war ich also eher stille Beobachterin – beobachtete vor allem, wie die Betreuer damit umgingen und bewunderte, wie sie vor allem eins blieben: ruhig und sachlich. Sie schienen einfach zu wissen, wie man in bestimmten, kritischen Situationen richtig reagierte und das wollte ich auch lernen. Ab März 2009 übernahm ich dann meine erste richtige Gruppe und auch hier orientierte ich mich die meiste Zeit an meinem erfahreneren Kollegen – beobachtete, wie dieser Konflikte löste und ich lernte, welche Ideen praktikabel und umsetzbar waren. Ich fing an, mir Spiele für die Gruppe auszudenken, um sie den Kindern / Jugendlichen dann beizubringen und gewann langsam an Selbstvertrauen. Auch merkte ich, dass mir die oft lärmenden, ‚wilden’ und ‚ungehobelten’ Kinder vertrauter wurden und mir ans Herz wuchsen.
Als ich 2009 nach den Sommerferien die nächste Gruppe (diesmal eine Nachmittagsgruppe) betreute, brachte ich schon einiges mehr von mir selbst ein. Die Gruppe war kleiner, die Kinder waren jünger und ich hatte schnell einen ‚guten Draht’ zu den Kindern. Mir gefiel besonders an dieser Gruppe, dass wir fast ständig unterwegs waren und etwas ‚Abenteuerliches’ unternahmen, wie z.B. einen verlassenen Tunnel besichtigen, einen Hang hinunterklettern o.ä. Zu der Vertrautheit mit den Kindern kam nun noch etwas weiteres dazu: Spaß! Es machte mir Spaß, mir immer neue Ausflugsziele und Aktionen zu überlegen, die wir mit den Kindern machen könnten und es machte einfach Spaß, die Reaktionen der Kinder zu sehen. Ich entwickelte ein besseres Gespür für die ‚Launen’ der Kinder und merkte schneller als vorher, wenn sich Langeweile oder Konflikte abzeichneten. Bis ich Ende März 2010 für ein Semester nach Wales ging, brachte mich unsere ‚Abenteuergruppe’ dem Wesen der Kinder näher und half mir, sie anders zu sehen als zuvor. Ich entwickelte vor allem ein viel ungezwungeneres und altersgemäßes Verhalten ihnen gegenüber, veränderte auch meine Sprache und meine Interaktion mit ihnen.
Ab September 2010 betreute ich schließlich ein ganzes Schuljahr lang eine neue Nachmittagsgruppe, ebenfalls mit jüngeren (also ca. 10-jährigen) Kindern. Diese letzte Gruppe habe ich mehr als die vorherigen geprägt, d.h. ich bestimmte viel mehr als zuvor über Ausflüge und Aktivitäten und entschied meist auch, ob und was gekocht wurde. Denn da wir nun Essensgeld erhielten, konnten wir regelmäßig mit den Kindern kochen, was sich stets allgemeiner Beliebtheit erfreute. Ein Nachteil war zwar, dass dabei viel Zeit für eventuelle Ausflüge verloren ging, aber das Kochen brachte den Kindern viel Spaß und auch mir neue Erfahrungen. Ich lernte dabei, wie man mit vier bis sechs recht wuseligen Kindern gleichzeitig in der Küche hantiert und sie möglichst alle mit einer Aufgabe beschäftigt. Auch die Gleichberechtigung bei der Verteilung der Aufgaben darf dabei nicht zu kurz kommen – eventuelle Ungerechtigkeiten wurden immer direkt ‚enttarnt’. Was mir an dieser Gruppe gefallen hat, war die Mischung aus Kochen / Backen / Spielen im Kinderhaus und Ausflügen, die dann etwas ‚Besonderes’ darstellten und von den Kindern auch so aufgefasst wurden, wie z.B. der Ausflug in den Indoor-Spielplatz oder ins Kindermuseum. Ich entwickelte auch bei dieser Gruppe ein sehr vertrautes und enges Verhältnis zu den einzelnen Kindern. Bei Sorgen oder Problemen in der Schule kamen sie manchmal zu mir und vertrauten sich mir an und sie waren richtig traurig, als die Gruppe endete, weil sie dann nicht mehr ins Kinderhaus kommen konnten.
Zusammenfassend kann ich zu meiner Zeit im Kinderhaus sagen, dass sie mir vor allem eins beigebracht hat: mit Kindern umzugehen. Im Umgang mit fremden Kindern habe ich keine Berührungsängste mehr, da ich jetzt besser verstehe, wie sie fühlen und handeln. Es fällt mir mittlerweile generell leicht, schnell guten Kontakt zu Kindern aufzubauen, ihr Vertrauen zu erlangen und einfühlsam für ihre Belange zu sein. Ohne die Arbeit im Kinderhaus – ohne die Chance zur praktischen Erprobung im Alltag – hätte ich diese Sicherheit bestimmt erst viel später – im Schulalltag – erlangt. Ich sehe die vergangenen zweieinhalb Jahre im Kinderhaus als ständige Weiterentwicklung meiner Kompetenzen an, die im späteren Schulalltag sicher stark gebraucht werden. Darum bin ich sehr froh, nicht nur auf mein theorielastiges Studium angewiesen zu sein, wenn ich im nächsten Jahr mein Referendariat beginne.